Eine Handvoll Fragen an: Antonia Rötger
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Vorab zu Ihrer Person: Wer sind Sie und was machen Sie beruflich?
Antonia Rötger: Ich arbeite als Wissenschaftsredakteurin am Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie, meine Hauptaufgabe ist es, unsere Forschung und ihren Beitrag zur Energiewende bekannt zu machen. Wir forschen an Solarzellen, an neuartigen Energiespeichern, an Katalysatoren für grünen Wasserstoff und an Quantenmaterialien für energieeffizientere Informationstechnologien. Damit ich das einfach und knapp erklären kann, spreche ich täglich mit vielen Wissenschaftler*innen.
Frage 1: Was bedeutet der Klimawandel für Sie persönlich?
Antonia Rötger: Wir sägen den Ast ab, auf dem wir sitzen. Das finde ich komplett irre, und manchmal staune ich darüber, dass viele Menschen das verdrängen. Wir erleben es ja immer deutlicher, jeder vor Ort kann es sehen: hier in Berlin sterben die Stadtbäume, die Wälder in Brandenburg gehen kaputt durch Dürren, Schädlinge, Brände. Und immer noch werden so viele Flächen versiegelt, immer noch gibt es keine wirkliche Wende bei den Themen Agrar, Verkehr, Ernährung, Wohnen. Das ist manchmal sehr frustrierend.
Frage 2: Wie engagieren Sie sich für das Klima bzw. gegen den Klimawandel?
Antonia Rötger: Ich habe lange geglaubt, dass man durch gute Wissenschaft die Politik zum Handeln bringen kann. Das war naiv, Fakten reichen nicht. Für Veränderungen muss man emotional werden, das können wir in der Wissenschaft nicht so gut. Die Fridays for Future haben sehr viel neuen Schwung gebracht. Deshalb bin ich bei den Scientists for Future aktiv. Wir unterstützen die Jugendlichen mit gut aufbereiteten Fakten. Ich gehe auch häufig zu den Demonstrationen.
Privat versuche ich, meinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, ich fliege nicht, habe kein Auto, esse regional und saisonal und versuche, wenig Müll zu produzieren. Aber wichtiger als diese kleinen individuellen Maßnahmen finde ich es, für die richtigen politischen Rahmenbedingungen zu streiten. Sonst verliert man viel Energie damit, sich gegenseitig für kleine Verfehlungen zu kritisieren und übersieht, was im Großen und Ganzen komplett schiefläuft.
Frage 3: Was und wie würden Sie gerne lernen, um Ihre Zukunft gestalten zu können?
Antonia Rötger: Tatsächlich wäre ich gern handwerklich kompetenter. Ich habe zwar Physik studiert, aber dennoch von Haustechnik keine Ahnung. Und es ist jetzt so schwierig, Fachleute für die Installation von Wärmepumpen oder Solaranlagen zu finden. Auch Elektronik reparieren zu können, wäre sehr nützlich. Ich repariere – ganz klassisch für eine Frau – nur Kleidung.
Frage 4: Wo befindet sich Ihr Lieblings-Lernort und warum können Sie dort so gut lernen?
Antonia Rötger: Eigentlich ist das mein Schreibtisch. Ich nehme gerne an Online-Fortbildungen teil und profitiere davon. Auch vom virtuellen Austausch. Der Computer ist heute wie ein Fenster zur Welt. Wenn keine Pandemie ist, gehe ich zum Schreiben auch ins Café oder ins Museum. Das Berliner Naturkundemuseum ist so ein wunderbarer Ort.
Frage 5: Bitte erzählen Sie uns von Ihrem persönlichen Zukunftsbild: Wie sieht Ihr Alltag 2030 aus?
Antonia Rötger: In 2030 leben wir fossilfrei. Wir haben unsere Nachbarn überzeugt, eine Wärmepumpe für das Mehrfamilienhaus zu installieren und erzeugen unseren Strombedarf mit Solarmodulen auf dem Dach und an der Westseite des Mehrfamilienhauses. Den Garten bewirtschaften wir gemeinsam, ich bin immer noch diejenige, die den Kompost umhebt, freue mich über Nashornkäfer und Regenwürmer darin. Wir haben weniger Geld, aber mehr Zeit als früher. Ich habe das Reparieren gelernt und helfe im Repair-Café. Das Leben in der Stadt ist viel schöner, seit es kaum noch private Autos gibt. Die Kinder können wieder draußen spielen und wir Erwachsenen sitzen dann auf Bänken und quatschen.
Die Interviewfragen stellte Kathrin Rosi Würtz im April 2022.